Seitdem ich (noch zu Schülerzeiten) bei meinen beiden Geschwistern in Berlin das erste mal einen Espresso aus der „Zanzibar“ - der achteckigen Espressokanne - getrunken hatte, war ich der italienischen Variante des Kaffee-genießens verfallen.
Noch in Berlin besorgte ich mir auch so einen „Espressokocher“ und trug ihn mit zurück nach Aachen. Er diente dann lange Zeit als Quelle einer morgendlichen Freude und eines nachmittäglichen Genusses.
Ich hatte mich dann aber doch mehr für Cappuccino begeistert, bzw. damals war es wohl mehr Milchkaffee.
Kurze Zeit später zog eine einfache elektrische Espressomaschine vom Diskounter in die Wohnung ein. Unser alte Zanzibar durfte sie bei Reparaturen oder im Urlaub aber immer ersetzen.
Irgendwann lag das Studium hinter mir und ich verdiente mein erstes Geld. Durch Zufall fanden 48 kg preiswert ersteigertes Altmetall (es wurde als gebrauchte Gewerbeespressomaschine angeboten) den Weg in meinen Haushalt.
Ich kann euch nur warnen! – tut euch sowas nicht an!
Die Kaffeesorte, auf die ich mich jahrelang eingeschossen hatte, schmeckte plötzlich fürchterlich, mal sauer, als wäre der Kaffee mit Essig gebrüht, mal bitter, das es einem den Mund zusammen zog.
Verzweifelt suchte ich nach Alternativen.
ZWANZIG Pakete dauerte es, bis eine passende Sorte gefunden war. Aber das war es ja nicht alleine. Menge, Mahlgrad etc. galt es auszuprobieren.
Da ist ein Kilo Bohnen schnell weg!
Aber es lohnte sich letztlich – aber: Altmetall rächt sich. Es gab nach einiger Zeit viel Bastelei, weil immer wieder was kaputt ging und letztendlich schaffte ich es nicht mehr, sie wieder ans Laufen zu bringen.
Die Arbeit war mehr geworden und die Zeit für das morgendliche Ritual knapp. Ein Vollautomat zog ein - ganz im Trend der Zeit.
Mit Missmut nahm ich den Rückschritt in Genuss hin. Trotz erneuter Suche nach dem „Stein der Weisen“ sprich einer optimalen Kaffeesorte, blieb die alte Qualität verschollen.
Aber man gewöhnt sich an alles, irgendwann geriet das hohe Ideal in Vergessenheit.
Als dann vor einiger Zeit auch die moderne Schnickschnackmaschine mit automatischer Cappucinozubereitung auch den Geist aufgab, wurden alte Erinnerungen wach.
Es sollte wieder eine echte Espressomaschine (also ein Siebträger) werden.
Der erste Schritt war ein Kompromiss, zwar ein echter „Siebträger“, aber zu klein, zu schwach – kurzum, ich wurde nicht glücklich mit ihr.
Also musste ich mich wieder trennen. Ich hatte inzwischen eine Quelle schier unendlichen Fachwissens im Internet aufgetan – Ein Forum wahrer Espresso-Fanatiker (Kaffee-netz.de).
Ich verschlang Abende lang alle Postings und kam schließlich zu einer kleinen Auswahl möglicher Kandidaten.
Einige Wochen und Ebay-Auktionen später war ich noch nicht weiter, fand aber schließlich in einer Online-Kleinanzeige eine verlockend klingende Kombination aus einem Geschwisterpaar Espressomaschine nebst Kaffemühle.
Die Bilder ließen nicht viel erkennen, dennoch fuhr ich skeptisch los, nachdem man sich vorab schon mal auf einen möglichen Preis geeinigt hatte.
Die 150 km zur Abholung kamen mir wie ein Katzensprung vor. Und dann – welches Glück, keine verranzte, im harten Kneipeneinsatz verschlissene Kiste, nein – ein liebevoll gehegtes Stück aus privater Hand stand vor mir. Da noch angeschlossen, konnte ich mich sogar von der Fitness der beiden Kandidaten überzeugen und freute mich über meinen Fund.
Insgeheim bemitleidete ich den Hausherrn sehr. Seine Gattin hatte auf einen einbaufähigen Vollautomaten für die neue Küche bestanden.
Seit einigen Monaten nun erfreut mich dieses Kleinod italienischer Ingenieurskunst täglich mit Getränken, die es mir schwer fallen lassen, in irgendeinem Etablissement noch Gefallen an dem dort angebotenen Kaffee zu finden.
Natürlich war vor diesen glücklichen Monaten wieder die übliche Tortur nötig – Kaffeesorten ausprobieren, literweise aus Kilos von Bohnen gewonnenen Espresso nach kurzem Ankosten wegschütten etc.
Das allerschlimmste ist aber gerade passiert.
Die Forumsmitglieder des Kaffee-Netztes raunen es einander immer zwischen den Zeilen ihrer Postings zu – Upgraditis – eine unheilbare Krankheit, die jeden früher oder später trifft.
Besser geht immer – und so schweifen meine Blicke wieder durch Auktionsplattformen und Kleinanzeigenmärkte im In- und Ausland.
Lasst euch nicht von den Verlockungen traumhaft leckerer Espressi und Cappuccinos verführen! Es nimmt kein gutes Ende.
Oder mit den Worten frei nach Thornton Wilder – „Seid gewarnt, denn ich habe gesehen, welches Unheil das Laster über die Menschen bringt“.